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Kultur, Gesellschaft und Bildung

 
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Zoran
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BeitragVerfasst am: 04.12.2003, 17:08    Titel: Kultur, Gesellschaft und Bildung Antworten mit Zitat

Die Kreuzzüge

Im Jahr 1095 ruft Papst Urban II. auf dem Konzil von Cleromont zum Kreuzzug gegen den islamischen Orient, zur Eroberung des heiligen Landes auf. Damit gibt er den Startschuss für die verschiedenen Wellen der Eroberung von Westen her, die zwei Jahrhunderte andauern sollen und in dieser Zeit mannigfaltige Veränderungen mit sich bringen. Ein letztes Mal gelingt es der Weströmischen Kirche, die Mächte Westeuropas, die zwar konfessionell eine Einheit bilden, politisch gesehen schon lange nicht mehr, mit einer Idee und einem Ziel zu einen.

Den Tausenden von Menschen die den Kreuzzugspredigern folgen, gilt ihr tun als religiöse, von Gott gewollte Handlung im Sinne, einer Pilgerfahrt und sie hoffen auf den versprochenen Ablass ihrer Sünden. Doch auch Erwartungen von materiellen Gewinn oder gesellschaftlichem Aufstieg sind gerade für den verarmten Kleinadel, aber auch für diejenigen, denen das Leben im eigenen Lande sonst keinerlei Hoffnungen mehr birgt, ein wichtiger Antriebsmotor.

Bei allen Schrecken, die diese Unternehmungen im Namen Gottes mit sich bringen, führen sie das Abendland dennoch in eine bis dato nicht gekannte kulturelle Blüte. Sie bringen den Kontakt mit der noch weit überlegenen arabischen Welt, der sich auf die europäischen Kenntnisse in den Bereichen der Medizin und der Naturwissenschaft äußerst positiv auswirken und auch bis dato unbekannte Schriften der griechischen Antike (vor allem des Aristoteles) bekannt machen soll. Doch nicht nur wirtschaftlich wertvolle Kenntnisse in Bereichen wie Geographie, Kommerztechnik, Zucker- und Baumwollproduktion finden ihren Weg ins Abendland, auch im Bereich der Kunst führt der Kulturkontakt zu einer Revolution. Das Ideal der romantischen Liebe wird, von Minnesängern aufgegriffen, zum Topos einer völlig neuen Literaturgattung.

Ebenso verstärkt sich der Handel mit dem Orient, was vor allem die italienischen Küstenstädte geschickt für sich zu nutzen wissen, denn mit der Kenntnis der orientalischen Lebensweise entsteht der Wunsch nach fremden Waren wie Gewürzen, Textilien, Schmuck und Teppichen, die auf dem Seeweg immer zahlreicher importiert werden.

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Neue Gelehrsamkeit

Die entscheidende Rolle bei der Vermittlung dieses neuen Wissens spielen die Ende des 12. Jahrhunderts in größeren Städten entstehenden freien Universitäten, die völlig unabhängig von der Kirche (und oftmals im Konflikt mit dieser) arbeiten. Mit der Scholastik entsteht erstmals ein umfassender schulwissenschaftlicher Wissenskanon, mit der Dialektik des Pariser Theologen Petrus Abaelard eine neue Unterrichtsmethode. Man studiert Zivil- und Kirchenrecht, Astronomie, Mathematik, Philosophie und Theologie und versucht aus überlieferten Wissen und christlichen Glauben ein neu geordnetes System zu formen.

Antike Quellen werden neu kommentiert und wie nie zuvor einer kritischen Betrachtung unterzogen. Latein ist die universelle Gelehrtensprache, mit der Studenten und Dozenten sich innerhalb der gesamten Christenheit untereinander verständigen können. Gleichzeitig werden (hauptsächlich durch die höfische Minne) jedoch auch Nationalsprachen aufgewertet, eine Entwicklung, an deren Ende Dantes "Göttliche Komödie" steht.

Frankreich ist eindeutig Zentrum des geistigen Lebens der Zeit. Scholaren (die Studenten des Mittelalters) aus England, Deutschland und Italien ziehen an die renommieren Schulen von Laon, Reims, Chartres und Paris und bekleideten später in ihren Herkunftsländern Bischofsämter und Positionen in den Herrscherkanzleien. Adlige Herkunft (und adlige Verbindungen) sind nach wie vor eine wichtige Vorbedingung für solche Aufstiege, doch eine zusätzliche Ausbildung in Frankreich schmückt den Lebenslauf.

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Das Leben in den Städten

Durch die Landflucht entsteht in den ersten freien Reichstädten die neue Schicht des Bürgertums, sowie ein immer weiter spezialisiertes Handwerkertum, was die althergebrachten lehenrechtlichen Bindungen immer mehr zurücktreten lässt. In ihrem Streben nach Autonomie schaffen sich die neuen Kommunen eigene, jeder übergeordneten Herrschaft widerstrebende Stadtregimenter. Das immer größere Wachstum und die immer größere Bedeutung der Ansiedlungen ist vor allem dem Aufschwung de Handels zu verdanken. Die Wirtschaftsstruktur in Europa beginnt großräumiger zu werden. Die großen italienischen Handelsstädte Venedig und Florenz, aber auch die die Kaufleute der Hanse versorgen den ganzen Kontinent mit Waren, die auf langen Handelsruten über den Hauptumschlagsplatz Konstantinopel aus unvorstellbar fernen Ländern importiert werden. Der Florentiner Goldgulden entwickelt sich zur Leitwährung, mit der Überall bezahlt werden kann.

Doch der Aufschwung zeigt bald schon seine Schattenseiten. Der neue Reichtum führt zu immer deutlicher hervortretenden Führungsschichten, der schnell eine steigende Anzahl von Armen und Kranken, die ohne den sozialen Rückhalt der bäuerlichen Familie überleben müssen, gegenüber steht. Somit wächst die Nachfrage nach sozialen Einrichtungen, Hospitälern, Armenspeisung, Altersversorgung aber auch Schulen, da Schrift- und Rechenfähigkeit mehr als zuvor Vorraussetzung für wirtschaftliche Tätigkeit werden.

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Das Leben auf dem Land

Neben der Urbarmachung von bisher nicht genutzten Boden in großem Umfang (durch Rodung, Trockenlegung von Sümpfen und der Kolonisierung neuer Gebiete) erleichtern vor allem zahlreiche neue Erfindungen die Arbeit der Bauern. Hierzu zählen beispielsweise die Entwicklung der Dreifelderwirtschaft sowie der flächendeckende Einsatz neuer technischer Errungenschaften wie Sense und Egge. Die entscheidenste Neuerung ist jedoch der Räderpflug, den sich wegen Einsatzes von Eisen und der hohen Kosten des Zuggespanns aber nur die reichsten Bauern leisten können. Die Ärmeren sind gezwungen, Pflug und Gespann gegen eine Abgabe von einem größeren Bauern zu entleihen. Die soziale Schere öffnet sich somit immer weiter, denn die armen Kleinbauern werden zunehmend abhängig von den Reichen und Mächtigen, welche sich jetzt manchmal sogar „nobilis“ (adlig) nennen, gleichwohl sie natürlich nicht in den Adel aufsteigen. Ein Ausweg sind die an vielen Orten gegründeten Produktionsgenossenschaften, in denen die Bauern die Bearbeitung des Bodens mit den neuen Techniken aufeinander abstimmen.

Das Pferd, dessen Beschlagung mit Hufeisen mittlerweile üblich geworden ist, wird zum neuen Nutztier in der Landwirtschaft. Für dessen Ernährung setzt man vermehrt auf den Anbau von Hafer und Gerste, die als Frühjahrssaaten nun neben den Anbau der Herbstsaaten Weizen und Roggen treten. Das steigert die Produktion noch zusätzlich und die Gefahr von Missernten wird vermindert. Die Nahrungsmittelqualität verbessert sich außerdem durch den Anbau von Hülsenfrüchten, die viele Proteine enthalten und eine gute Ergänzung zu den Kohlenhydraten des Getreides sind. Erstmals übersteigt nun auch der Ertrag landwirtschaftlicher Produktion den Verbrauch, was die in den Städten mittlerweile erfolgte gesellschaftliche Arbeitsteilung und Spezialisierung unterstützt. Diese entwickeln sich zu Verbraucherzentren, die vom landwirtschaftlichen Überschuss leben. Hierdurch erhöht sich auch die Bedeutung des Geldes, mit dem die Stadtbewohner, die keine Naturalien produzieren, die Bauern entlohnen.

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